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Unser Kulturgut Streuobstwiese

Die Situation der Streuobstwiese in Baden- Württemberg

Was ist eine Streuobstwiese

Der Begriff des Streuobstanbaus wurde 1960 eingeführt und beschreibt eine sehr alte Form des Obstanbaus. Unter dem Begriff Streuobstwiese versteht man alle Obstbaumbestände, die Bäume mit großen Kronen aufweisen. Solche Bäume sind überwiegend Hochstämme.

 

Der Name Streuobstwiese leitet sich von der Art der früheren Pflanzung der Obstbäume ab. Sie werden bis heute in unregelmäßigen Abständen oder gar vereinzelt gepflanzt. Ein charakteristisches Merkmal für eine Streuobstwiese ist die Doppelnutzung. Das bedeutet, dass sowohl die Obstbäume als auch die Wiese oder der Acker, auf denen die Obstbäume gepflanzt sein können, extensiv genutzt werden.

Streuobstwiese

Wo und wie viele Streuobstwiesen gibt es in Baden- Württemberg?

Mit dem Ende der letzten Eiszeit vor 15000 bis 20000 Jahren wurde das Wildobst bei uns in Baden-Württemberg heimisch. Der Streuobstbau an sich wurde jedoch erst mit den Römern richtig bekannt. Im Jahr 812 ordnete Karl der Große an, hochstämmige Obstbäume auf seinen Ländereien zu pflanzen. Diese Förderung der Hochstämme durch verschiedene Landesherren hielt bis in das 19. Jahrhundert an. Vermehrt wurde die Obstbäume durch Mönche, die berufsmäßig durch das Land reisten und Obstbäume mit verschiedenen Edelreisern veredelten und somit die Sortenvielfalt verbreiteten.

 

Zwischen den Jahren 1935 und 1950 erreichte die Ausbreitung der Obstbäume ihre maximale Ausdehnung. Nie wieder wurde die damalige Anzahl von 40 Millionen Obstbäumen erreicht! Bis zum Jahr 1990 hat die Zahl der Obstbäume um 75% stark abgenommen. Die letzte Schätzung im Jahr 1990 betrug lediglich noch 11,4 Millionen Obstbäume. Grund für den schnellen und radikalen Rückgang dieses Kulturguts war unter anderem die Rodungsaktion von 1957 bis 1974.

 

Der Stuttgarter Landtag beschloss damals, eine staatliche Prämie für die Rodung von Hochstämmen zu zahlen. Bis in das Jahr 1970 wurde eine Fläche von 15700 Hektar Streuobstwiesen im Land gerodet, um auf den gewonnen Flächen intensiv bewirtschaftete Niederstammanlagen anzulegen. Ebenfalls eine enorme Auswirkung hatte die Verordnung über die Festsetzung der Qualitätsnormen für Tafeläpfel vom 27.07.1971. Die besonderen Ansprüche an Schale und Größe trafen auf Streuobstäpfel nicht zu, wodurch diese keine Verwendung mehr fanden.

 

Wie können Streuobstwiesen wirtschaftlich genutzt werden?

Die traditionelle Art eine Streuobstwiese zu bewirtschaften besteht darin, unter den Bäumen eine einfache grüne Wiese anzulegen. Dieser Untergrund einer Streuobstwiese muss ebenfalls bewirtschaftet werden und bietet den Obstbauern verschiedenen Möglichkeiten der Nutzung.

 

Beweidung

Liegt eine Streuobstwiese in einer steilen Hanglage, wird es für den Obstbauern schwer, die Grünfläche mit großen Maschinen zu bewirtschaften. In solch einem Fall bietet sich eine Beweidung der Streuobstwiese mit unterschiedlichen Tierarten an. Da im Gras viel Zellulose enthalten ist, eignen sich für die Beweidung am besten Raufutterfresser. Die Qualität des Grases wirkt sich sehr positiv auf die Produkte aus, die durch die beweidenden Tiere gewonnen werden. Bei Kühen wirkt sich die gute Qualität auf die Milch aus, bei Schafen oder anderen Tieren wiederum auf das Fleisch. In Baden-Württemberg wird bevorzug Fleischschafhaltung betrieben. Schafe sind hervorragende Rasenmäher und fressen das Gras bis knapp über die Wurzel ab. Ihr Kot dient zur gleichen Zeit als natürlicher Dünger.

 

Ein anderer Vorteil der Beweidung sind die unterschiedlichen Pflanzengesellschaften, die durch den Tierdung erschaffen werden. Auf jeder Wiese gibt es andere Pflanzen, die ihre Pollen durch den Tierdung auf andere Wiesen weiterverbreiten. So entsteht eine große Vielfalt in der Pflanzenwelt.

 

Doch auch die Probleme und Nachteile einer Beweidung sollten in Betracht gezogen werden, bevor sich ein Obstbauer endgültig für diese Bewirtschaftungsform entscheidet. Zuallererst muss berücksichtigt werden, dass die Hufe der Tiere die Grasnarbe zerstören.

 

Die Folge einer Beweidung mit großen und schweren Tierarten sind tiefe Furchen im Erdreich und eventuell kahle Stellen auf der Wiese. Außerdem muss ein Obstbauer daran denken, dass Tiere an den Bäumen fressen und besonders junge und frisch gepflanzte Bäume damit beschädigen können.

 

Mahd

Wenn sich ein Obstbauer gegen eine Beweidung entscheidet oder einfach nur die Wiese zu klein ist, ist die alternative Möglichkeit die Mahd. Falls ein Streuobstwiesenbesitzer nebenher noch Landwirtschaft betreibt, ist es sinnvoll für ihn, seine Wiese nur ein oder zwei Mal im Jahr zu mähen. Das gemähte Gras kann nun als frisches Grünfutter an Tiere verfüttert werden oder es dient durch die Trocknung der Heugewinnung. Letztere Möglichkeit hat jedoch den negativen Nebeneffekt, dass die Wiese auf diese Bewirtschaftungsart immer mehr ausgedünnt wird. Die Pollen und Samen können nicht mehr ausfallen, wodurch viele seltene Pflanzenarten verloren gehen.

 

Eine andere Möglichkeit der Mahd ist das Mulchen. Hierbei wird das Gras im Rasenmäher in kurze Stücke zerkleinert und wieder auf der Wiese verteilt. Der sogenannte Grasmulch bleibt auf der Wiese liegen und bietet kleinen Insekten hervorragende Verstecke. Spätere Mähtermine sind von Vorteil, da viele Samen der verschiedenen Pflanzenarten bereits ausgefallen sind und somit die Vegetation erhalten bleibt. Hinzu kommt, dass Bodenbrüter geschützt werden, die ihre Nester unter anderem im Unterland gebaut haben und dort ihren Nachwuchs großziehen.

 

Quellen:

# GERBER, Alexander; KIRCHNER-HEßLER, Ralf; KONOLD, Werner: Nachhaltige Landnutzung durch Kooperation von Wissenschaft und Praxis. München 2007. Seite 281 ff.

# POMMERSBERGER, Sabine: Streuobstwiesen. Internationale Nutztierzucht und –haltung. Kassel 1996. Seite 2, 4 ff.

# STIFTUNG NATURSCHUTZFONDS BEIM MINISTERIUM LÄNDLICHER RAUM BADEN-WÜRTTEMBERG (Hrsg): Streuobst. Ideen-Aktionen-Konzepte zum Erhalt der Streuobstwiesen in Baden-Württemberg. Stuttgart 1997. Seite 20, 21, 26

# STREUOBST INITIATIVE: Adam’s Apfel. Streuobst im Stadt- und Landkreis Karlsruhe. Konzept und Layout der Ausstellung. Streuobst und Zeit. Karlsruhe 2008